§ 14 Urhebergesetz (UrhG) schützt den Urheber vor einer „Entstellung“ oder sonstigen Beeinträchtigung seines Werks. Lange war umstritten, ob auch die Vernichtung des Werks, zum Beispiel eines Bauwerks, unter diese Vorschrift fällt. Der Bundesgerichtshof hat nun in drei Urteilen entschieden, dass dem so ist. Allerdings müssen die Rechte des Architekten mit den Eigentumsrechten abgewogen werden.
Schutz vor Entstellung als Ausdruck des Urheberpersönlichkeitsrechts
§ 14 UrhG gehört zu den Vorschriften des sogenannten Urheberpersönlichkeitsrechts. Der Gesetzgeber sieht zwischen dem Urheber und seinem Werk ein geistiges und persönliches Band (BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, 26. Ed. 15.10.2019, UrhG § 14 Rn. 1) und dieses Band soll nicht durch eine ungewollte Veränderung zerstört werden. Urheber, die an ihrem Werk besonders hängen, kennen dieses Gefühl. Geschützt wird der Urheber vor Entstellung oder einer anderen Beeinträchtigung seines Werks, wobei Entstellung jede Verschlechterung des Werks, Veränderung des Werkcharakters, Verzerrung oder Verfälschung der Grundauffassung des Werkes ist (BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, 26. Ed. 15.10.2019, UrhG § 14 Rn. 10).
Die in der deutschen Architekturwelt wohl mit bekanntesten Fälle betrafen den Berliner Hauptbahnhof, wo der Einbau einer Flachdecke über der Nord-Süd-Strecke als Entstellung angesehen wurde (LG Berlin, Urt. v. 28.11.2006 – Az. 16 O 240/05, GRUR 2007, 964) als auch der Fall des Stuttgarter Hauptbahnhofs, wo sich die Erben des Architekten gegen den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage der großen Schalterhalle wehrten, was allerdings als zulässiger Eingriff angesehen wurde, weil der Architekt hier schon länger verstorben war und seine Interessen daher nicht mehr das gleiche Gewicht wie zu seinen Lebzeiten haben (BGH, Beschl. vom 09.11.2011 – I ZR 216/10, GRUR 2012, 172).
Vernichtung als Entstellung?
Lange Zeit war umstritten, ob die Vorschrift den Urheber auch davor schützt, dass das Werk vernichtet wird. Teilweise wurde vertreten, dass sie nur das Interesse des Urhebers am Fortbestand des unverfälschten Werkes, nicht aber an der Existenz des Werkes als solchem schütze (vgl. KG, GRUR 1981, 742 – Totenmaske; OLG Schleswig, ZUM 2006, 426 [427] = BeckRS 2010, 29865, LG München I, FuR 1982, 510 [513]; LG Hamburg, GRUR 2005, 672 [674], Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 14 UrhG Rn. 22-24).
Eine einer Entstellung gleichwertigen Beeinträchtigung hat nun der Bundesgerichtshof in drei Urteilen so gesehen. Das erste Urteil betraf eine Entfernung einer Kunstinstallation in einem Museum (BGH, Urt. v. 21.02.2019 – Az. I ZR 98/17, GRUR 2019, 609 – HHole for Mannheim), das zweite eine Lichtinstallation aus einem Gebäude (BGH, Urt. vom 21.02.2019 – Az. I ZR 99/17, ZUM 2019, 521) und das dritte eine Minigolfanlage, welche speziell mit Farben, die unter Schwarzlicht leuchten, ausgestaltet war (BGH, Urt. vom 21.02.2019 – Az. I ZR 15/18, ZUM 2019, 528).
In allen drei Urteilen hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG darstelle. Durch die Vernichtung werde das geistige Band zwischen dem Urheber und seinem Werk durchschnitten (BGH, Urt. vom 21.02.2019 – Az. I ZR 15/18, aaO., Rn. 19). Notwendig sei aber auch hier wie bei § 14 UrhG üblich natürlich eine Interessenabwägung und innerhalb dieser sei besonders zu berücksichtigen, dass der Eigentümer des Werks ein Interesse daran hat, sein Eigentum so zu verwenden, wie er es möchte (Art. 14 GG). Auf Seiten des Urhebers sei besonders zu berücksichtigen, ob es das einzige Werkstück ist (BGH, Urt. v. 21.02.2019 – Az. I ZR 98/17 – HHole for Mannheim, aaO., Rn. 39) oder ob der Eigentümer angeboten hat, das Werk zurückzunehmen (BGH, Urteil vom 21.02.2019 – I ZR 15/18, aaO., Rn. 26), was bei einem Bauwerk naturgemäß ausscheidet, auch die Ausweichmöglichkeit, weitere Vervielfältigungsstücke anzufertigen (vgl. ebd.), scheidet bei Gebäuden wohl eher aus. Bei Bauwerken würde, so der Bundesgerichtshof weiter, in aller Regel das Interesse des Eigentümers überwiegen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2019 – Az. I ZR 98/17 – HHole (for Mannheim), aaO., Rn. 40). Hier würde das Eigentumsrecht in der Regel überwiegen.