Neue Regelungen für Berufsgeheimnisträger in Kraft getreten

Am heutigen Tag tritt das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen in Kraft. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgte gestern.

Damit können Berufsgeheimnisträger nun Dienstleister einbeziehen, was erstmals ein rechtskonformes Outsourcing und auch die Nutzung von Cloud-Diensten ermöglicht, sofern der Dienstleister auf die Verschwiegenheit verpflichtet wird. Dazu werden insbesondere § 203 StGB sowie die einzelnen Berufsordnungen geändert. Für Rechtsanwälte wurde der neue § 43e BRAO geschaffen.

Nähere Informationen finden Sie in meinen früheren Posts hier, hier und hier.

Sehr streitig wird noch werden, was unter Dienstleistungen zu verstehen ist, die unmittelbar einem Mandat dienen (§ 43e Abs. 5 BRAO). Hierzu reicht die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nämlich nicht aus, sondern es bedarf zusätzlich der Einwilligung des Mandanten. In der Gesetzesbegründung sind die Beauftragung eines Sachverständigen, eines Detektivs oder eines Übersetzers genannt (BT-Drucks.  18/11936, S. 36).  Entscheidend dafür, ob die Dienstleistung unmittelbar einem Mandat dient, soll laut Gesetzesbegründung nicht die Vertragsgestaltung sein, sondern die Frage, ob für die jeweilige Dienstleistung, die in Anspruch genommen werden soll, ein besonderer Bedarf im einzelnen Mandat besteht. Hier sehe ich noch Unklarheiten mit der Folge, dass trotz der Neufassung eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen bleibt. Dies sieht auch Prof. Dr. Thomas Hoeren in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Datenschutz so (vgl. ZD 2017, 501).

Datenschützer kritisiert unverschlüsselte E-Mails bei Berufsgeheimnisträgern

In seinem 8. Tätigkeitsbericht für den Landtag kritisiert der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig, dass die viele Rechtsanwälte unverschlüsselt über E-Mail kommunizieren. Er begründet dies mit „Zeit und Kostendruck“ (8. Tätigkeitsbericht, Ziffer 8.13, Seite 8, zum Bericht bei heise.de).

Weiter schreibt er:

Ich gehe daher davon aus bzw. fordere dies gegebenenfalls, dass Rechtsanwälte ihre EMails zukünftig verschlüsseln oder aber ihre Schriftsätze per Fax und/oder Briefpost versenden.

Hier kann ich nur widersprechen: Es liegt nicht daran, dass wir Rechtsanwälte nicht verschlüsseln möchten, sondern dass zum Verschlüsseln bei der asymmetrischen Verschlüsselung immer zwei Personen notwendig sind. Der Mandant muss also auch etwa PGP/GPG einsetzen. Obwohl dies kostenlos möglich ist, ist anscheinend die technische Hürde noch so hoch, dass Mandanten dies nicht wünschen. Selbst in meinem IT-Recht-Umfeld, in dem die meisten Mandanten technisch versiert sind.

Ich biete den Mandanten immer an, verschlüsselt zu kommunizieren, allerdings ist ihnen dies meist zu umständlich. Wirklich daran ändern wird sich nur etwas, wenn die PGP-/GPG-Verschlüsselung in der Bevölkerung mehr Verbreitung findet. Initiativen, wie sie etwa United Internet (GMX, Web.de), Mailbox.org oder Posteo mit der Implementation von PGP im Webmailer mit dem Plugin Mailvelope oder auch ProtonMail ergreifen, sind sehr wichtig, haben aber zumindest meiner Erfahrung nach noch nicht zu einem Umdenken bei den meisten Internetnutzern geführt.

Die Alternative kann nicht sein – wie von Sachsens oberstem Datenschützer gefordert – Schriftsätze im Entwurf zukünftig wieder per Post an den Mandanten zu verschicken, sondern ist der konsequente Einsatz von Verschlüsselung.

Seit kurzem gibt es ja noch eine Möglichkeit der verschlüsselten Kommunikation: Den EGVP-Bürger-Client, mit dem sich Bürger ein Postfach einrichten und mit dem Rechtsanwalt über dessen besonderes persönliches Anwaltspostfach (beA) Ende-zu-Ende verschlüsselt kommunizieren können. Das System hat aber zwei Schwächen: Ich befürchte, dass wenige Mandanten sich den Client extra installieren und sich ein Postfach einrichten werden; darüber hinaus erfolgt keine Identifizierung, sodass im Prinzip jeder ein Postfach auf den Namen seines Nachbarn einrichten könnte. Aber es ist ein weiterer Weg, eine verschlüsselte Kommunikation zu ermöglichen.

 

RA-MICRO veröffentlicht Informationen zur beA-Schnittstelle

RA-MICRO hat Informationen zu der beA-Schnittstelle veröffentlicht.

Danach ist eine Integration in den E-Workflow geplant. Der Zugriff auf das beA-Postfach soll über Softwarezertifikate erfolgen. Für jeden beA-Nutzer muss also ein solches bestellt werden (Kosten derzeit 4,90 € netto pro Jahr), wenn eine Einbindung des Postfachs in RA-MICRO erfolgen soll.

Die Veröffentlichung der RA-MICRO-Version ist für Ende 2017/Anfang 2018 geplant.

Gut ist, dass auch die manuelle Schnittstelle über den Export in der E-Akte erhalten bleiben soll. Damit ist man technisch unabhängig, wenn einmal die RA-MICRO-Integration bzw. die beA-Schnittstelle nicht funktionieren sollte.

Auch positiv: Es soll einen Senden-Button an beA direkt in Word geben sowie eine Erweiterung des Adressfensters um beA-Adressen. Spannend wird die Frage sein, ob hier auch die SAFE-IDs hinterlegt werden. Da diese das einzige zuverlässige Unterscheidungskriterium sind und das einzige Zuordnungsmerkmal, ob es sich um ein beA-, Gerichts-, Notar- (beN) oder Behördenpostfach (beBPo) handelt, sollte auf die SAFE-ID im ERV erhöhte Aufmerksamkeit gelegt werden. Interessant wird hier auch die Frage sein, wie einer Kanzlei die Postfächer der einzelnen Anwälte zugewiesen werden können.

beA: Ab heute auch OLG München, LG München I und AG München erreichbar

Ab heute, 18. Oktober 2017, sind auch das Oberlandesgericht München, das Landgericht München I und das Amtsgericht München in allen ZPO- und FamFG-Verfahren über das beA erreichbar, (vgl. Anlage 2 BayERVV Justiz).

Damit sind alle bayerischen Gerichte in diesen Verfahren angeschlossen.

Nachdem Bayern in den letzten Jahren beim Anschluss der Gerichte an den elektronischen Rechtsverkehr eher zu den langsameren Bundesländern gehörte, hat Bayern extrem aufgeholt und gehört jetzt zu den Vorreitern. Alle Amts-, Land- und Oberlandesgerichte in ZPO- und FamFG-Verfahren, alle Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichte sind jetzt über den elektronischen Rechtsverkehr erreichbar.

Störerhaftung: Änderungen am Telemediengesetz in Kraft getreten

Seit dem heutigen Tag ist die Störerhaftung für WLAN-Betreiber passé: Das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes vom 28.09.2017 ist am 13. Oktober 2017 in Kraft getreten (BGBl. I S. 3530).

Über die Änderungen hatte ich hier und hier berichtet.

Eine Synopse finden Sie bei Buzer.

 

StreamOn: Zero-Rating grundsätzlich in Ordnung – mit zwei Ausnahmen

Die Bundesnetzagentur, welche seit April 2017 das Telekom-Angebot StreamOn prüft, hat Zero-Rating Angebote, bei denen bestimmter Traffic nicht auf das Datenvolumen des Mobilfunkvertrags angerechnet wird, für grundsätzlich zulässig erklärt.

Zwei Beanstandungen gibt es allerdings: Zum einen wurde bemängelt, das das Angebot beim Videostreaming nur SD-Qualität anbiete, beim Audistreaming nicht. Zum anderen müsste das Zero-Rating auch im EU-Ausland gelten, was bisher nur in Deutschland der Fall ist. Beides stelle Ungleichbehandlungen des Datenverkehrs dar. Die Telekom hat Medienberichten zufolge nun zwei Wochen Zeit, auf die Beanstandungen zu reagieren, andernfalls kommt eine Untersagung des Angebots in Betracht.

Die Telekom hatte argumentiert, dass eine Ungleichbehandlung nicht vorliege, da die Teilnahme an dem Angebot für Anbieter kostenfrei sei. Einzelne Anbieter hatten bemängelt, dass umfangreiche technische Änderungen nötig seien, um an StreamOn teilzunehmen. Inbesondere die Verpflichtung, Änderungen an der Infrastruktur vorher anzuzeigen, sei nicht zumutbar.

Bayerische Arbeitsgerichte per beA erreichbar

Jetzt ging es dann doch unerwartet schnell. Seit dem 1. Oktober 2017 sind alle Bayerischen Arbeitsgerichte per beA erreichbar aufgrund der Verordnung zur Änderung der E-Rechtsverkehrsverordnung Arbeitsgerichte (ERVV ArbG) vom 15.9.2017 (GVBl. 2017, 494).

Laut dem beA-Newsletter 40/2017 vom 05.10.2017 werden die Bayerischen Arbeitsgerichte bereits ab dem 1. Januar 2018 beginnen, mit den Rechtsanwälten nur noch elektronisch zu kommunizieren, also auch den Versand zu nutzen.

Widerrufsrecht auf einer Messe Teil II

Der BGH hat mit Beschluss vom 13.7.2017 (I ZR 135/16) dem EuGH mehrere Vorlagefragen gestellt zu der Frage, wann ein Widerrufsrecht bei auf Messen abgeschlossenen Verträgen besteht. Hier hatte ich hier berichtet. Entscheidend ist, wann ein beweglicher Geschäftsraum im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU vorliegt und wann der Unternehmer seiner Tätigkeit „für gewöhnlich“ dort ausübt.

Dieselbe Fragen hatten auch das LG Traunstein (Urteil v. 25.07.2016 – 7 O 2383/15) und anschließend das OLG München (Urteil vom 15.03.2017 – 3 U 3561/16) zu beantworten.

Diese Gerichte haben dieselbe Erwägungen wie der BGH angestellt und letztlich darauf abgestellt, dass die Tätigkeit des Unternehmers „für gewöhnlich“ auf einem Messestand nicht in zeitlicher Hinsicht zu verstehen sei, denn in diesem Fall sei es dem Zufall überlassen, ob ein Widerrufsrecht besteht oder nicht. Ist ein Unternehmer nur einmal in einem Jahr auf einer Messe, würde eventuell kein Widerrufsrecht bestehen am Stand nebenan aber schon, nur weil der Unternehmer regelmäßiger auf Messen auftritt.

Entscheidend, so die Gerichte, sei der Schutzzweck der Norm. Dieser sei, den Verbraucher vor einem Überraschungs- und Überrumpelungseffekt zu schützen. Die Frage ist also: Musste der Verbraucher damit rechnen, dass er hier auf der Messe Kaufentscheidungen treffen muss oder nicht?

Da es sich bei der Messe in Rosenheim um eine „klassische Verkaufsmesse“ handele, so das OLG München, besteht in diesem Fall kein Widerrufsrecht.

Das Gericht verwies auch ausdrücklich darauf hin, dass der Fall des OLG Karlsruhe, der sich mit einem Messestand auf der Grünen Woche in Berlin beschäftigte und der letztlich vom BGH dem EuGH vorgelegt wurde, hier anders gelagert sei.

Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung erwartet.

2. Versuch für das Ende der Störerhaftung

Nach dem Bundestag am 30. Juni 2017 hat das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG) am 22. September 2017 auch den Bundesrat passiert. Es handelte sich dabei nicht um ein Zustimmungs- sondern ein Einspruchsgesetz (nähere Informationen zu dieser Unterscheidung finden Sie hier).

Dieses Gesetz sollte nun die Störerhaftung der Anschlussinhaber endgültig abschaffen und damit Rechtssicherheit schaffen.

Langer Weg der Abschaffung der Störerhaftung

Unter Störerhaftung versteht man im Internetrecht die Haftung des Anschlussinhabers für über den Anschluss begangene Rechtsverletzungen, etwa Urheberrechtsverletzungen. Fäschlicherweise wird in der Presse immer von der Abschaffung der Störerhaftung geredet. Gemeint ist allerdings lediglich eine Abschaffung für die Anschlussinhaber, von der generellen Abschaffung der Störerhaftung kann keine Rede sein. Es handelt sich hier um ein altes Rechtsinstitut des BGB, die auch in anderen Bereichen Anwendung findet.

Kritisiert wurde die Störerhaftung des Anschlussinhabers, da sie die Verbreitung offener WLANs behindere. Aufgrund der bestehenden Haftungsrisiken gibt es in Deutschland im Vergleich zu den Ländern, die eine Haftung des Anschlussinhabers nicht kennen, wenig frei verfügbare WLANs. In der Vergangenheit war es daher sehr aufwändig, Dritten Zugang zum Internet anzubieten. Man musste dafür sorgen, dass etwaig begangene Rechtsverletzungen eindeutig einem bestimmten Nutzer z.B. mittels einer vorherigen Registrierung, zuzuordnen waren. „2. Versuch für das Ende der Störerhaftung“ weiterlesen

Neue Regeln für Berufsgeheimnisträger passieren Bundesrat

Am Freitag, 22. September 2017, hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat den Änderungen des § 203 StGB zugestimmt (Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen).

Damit werden die Änderungen, die auch Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälten oder Ärzten ein Outsourcing ermöglichen, nach der Prüfung durch den Bundespräsidenten vermutlich noch diesen Herbst in Kraft treten. Eine Regelung, die überfällig war, da sie Berufsgeheimnisträgern einen zeitgemäßen IT-Einsatz ermöglicht.

Über den Gesetzentwurf hatte ich hier berichtet.