Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag

Wenig überraschend hat der BGH in einem Urteil den Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312c BGB qualifiziert, wenn er mit Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurde (BGH, Urt. v. 23.11.2017 – Az. IX ZR 204/16).

Streitig war der zweite Teil des Absatzes 1 des § 312c BGB:

Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.

In der Literatur wurde zum Teil die – meines Erachtens etwas abwegige -Meinung vertreten, dass aufgrund der besonderen Vertrauensbeziehung des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten niemals ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem vorliegen kann. Dem hat der BGH in der Entscheidung eine klare Absage erteilt.

Er hat aber auch deutlich gemacht, dass die Formulierung „es sei denn“ eine Vermutungswirkung aufstellt: Trägt der Anwalt also nichts vor, was gegen ein solches organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem spricht und kann er dies nicht beweisen, greift der Ausschluss nicht. Dies dürfte nur sehr schwer zu erreichen sein. Dem Rechtsanwalt in dem Verfahren gelang es nicht.

CLOUD Act: Das Aus für den Datenschutz?

Jahrelang stritt Microsoft gegen die US-Regierung, um zu verhindern, dass die Regierung den Konzern zwingt, Daten herauszugeben, die auf Servern außerhalb der USA gespeichert werden. Eigentlich sollte der Supreme Court darüber entscheiden und dieses erwartete Urteil wurde bereits als „Entscheidung über die Zukunft unserer Privatsphäre“ bezeichnet (so etwa SPIEGEL ONLINE). Nun ist die US-Regierung durch ein Gesetz namens CLOUD Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act) dem Supreme Court zuvorgekommen: Dieser erklärte kurzerhand den Rechtsstreit für erledigt. Das Gesetz hat weitreichende Auswirkungen auf den Zugriff der US-Behörden auf Daten, welche außerhalb der USA gespeichert werden. Besonders prekär ist dabei, dass das Gesetz als Annex zum Haushaltsgesetz durchgewunken wurde. Eine Debatte darüber fand kaum statt.

Das Gesetz sieht den ungehinderten Zugriff der US-Behörden auf Daten außerhalb der USA vor, wenn US-Unternehmen diese Daten kontrollieren. Damit wird genau das wahr, was Microsoft verhindern wollte. Das Gesetz sieht weiter die Möglichkeit bilateraler Abkommen vor, welche den Datenzugriff untereinander regeln. Nur mit einem solchen Abkommen wird es möglich sein, Rechtsmittel und -kontrollen für Nicht-US-Bürger zu implementieren. Die EU hat, obwohl sie sich massiv gegen den Datenzugriff der US-Behörden auf europäische Server in dem Microsoft-Verfahren eingesetzt hatte, bereits Interesse an einem solchen Abkommen signalisiert, ja einen ähnlichen Vorschlag sogar selbst unterbreitet.

Der CLOUD Act ist eine Katastrophe für den Datenschutz. Gerade jetzt, wo am 25. Mai die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft tritt und mit welcher der CLOUD Act nicht zu vereinbaren ist, wie zutreffend Kollege Dennis Jansen feststellt. Der EU wird allerdings nichts anderes übrig bleiben, als solch ein Abkommen zu schließen: Möchte ein Staat seine Bürger nicht ganz rechtlos stellen, wird er mit dem CLOUD Act nun gezwungen, ein Abkommen mit den USA zu schließen. Dann kann er sich zwar auch den Zugriff auf Daten in den USA gewähren lassen, gibt aber zugleich den Datenschutz im eigenen Land auf.

Dabei ist der Datenzugriff, der mit internationaler Kriminalität und Terrorismus gerechtfertigt wird, überhaupt nicht nötig: Dafür gibt es jetzt schon das Verfahren über die Rechtshilfe. Diese hätten nur beschleunigt werden müssen. Dann gäbe es aber ein rechtsstaatliches Verfahren.

Datenschutzbeauftragter: Ist der „Beschäftigte“ „beschäftigt“?

Große Unsicherheit besteht derzeit darüber, ab wie vielen Personen im Unternehmen ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden muss.

Nach Art. 38 BDSG-neu müssen alle Unternehmen bzw. Sonstigen Verantwortlichen einen Datenschutzbeauftragten bestellen, wenn sie “in der Regel mindestens zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen”.

Hier der Art. 38 BDSG-neu im Wortlaut:

§ 38 Datenschutzbeauftragte nichtöffentlicher Stellen
(1) 1 Ergänzend zu Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 benennen der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten, soweit sie in der Regel mindestens zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen. 2Nehmen der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter Verarbeitungen vor, die einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 unterliegen, oder verarbeiten sie personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung, haben sie unabhängig von der Anzahl der mit der Verarbeitung beschäftigten Personen eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten zu benennen.

Die Regel scheint klar: Wenn 10 Personen erreicht sind, die ständig automatisiert Daten verarbeiten, so benötigt man einen Datenschutzbeauftragten. Aber wen zählt man mit? Dies ist weniger deutlich. Eines ist klar: Im Gegensatz zu der bisherigen Regelung des § 4f BDSG wird nicht mehr danach unterschieden, ob die Daten automatisiert oder “auf andere Weise” verarbeitet werden. Nur, wenn die 10 Personen Daten auch automatisiert verarbeiten, ist ein Datenschutzbeauftragter nötig. Automatisiert ist weit zu verstehen und umfasst letztlich jede Form von Datenverarbeitungsanlagen. Immer wenn ein Computer, Smartphone etc. im Spiel sind, liegt also eine automatisierte Verarbeitung vor. Anders als häufig geschrieben ist die Reinigungskraft, die lediglich den Papierkorb ausleert, nicht mitzuzählen; sie verarbeitet Daten nicht mit einer Datenverarbeitungsanlage.

Wer ist “beschäftigt”?

Streit herrscht aber darüber, wer “beschäftigt” ist. Muss der Geschäftsführer, müssen die Gesellschafter mitgezählt werden?

Nach derzeit noch geltendem Recht, dem § 4f BDSG, ist der Geschäftsführer und anderes Leitungspersonal nicht mitzuzählen, den sie sind “Beschäftigende”, aber keine “Beschäftigte” (vgl. etwa Gola/Klug, NJW 2007, 118 (120)). Aber gilt dies auch noch mit dem Inkrafttreten des § 38 BDSG-neu?

Argumente gegen das Mitzählen des Geschäftsführers und der Gesellschafter

Dafür spricht, dass auch der § 38 BDSG-neu eine deutsche Regelung ist. Der Regelungsgeber hat sich also nicht geändert. In der EU konnte man sich nicht auf eine Regelung, einen Datenschutzbeauftragten ab einer bestimmten Beschäftigtenanzahl zu bestellen, einigen, da manchen Mitgliedstaaten das Konzept des Datenschutzbeauftragten fremd war. Eine Regelung hat man europaweit daher nur für besonders gefahrgeneigte Verarbeitungsvorgänge getroffen und in Art. 37 DSGVO niedergeschrieben. Deutschland hingegen hat von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und hält an der Notwendigkeit, einen Datenschutzbeauftragten ab einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern zu bestellen, fest. Dabei ist die Regelung des § 38 BDSG-neu vom WOrtlaut her mit der bisherigen Regelung des § 4f BDSG fast identisch. In der Gesetzesbegründung heißt es auch ausdrücklich, dass die Regelung “inhaltlich an den bisherigen § 4f Absatz 1 Satz 4 BDSG a. F. angelehnt” ist (vgl. BT-Drucks. 18/11325, S. 107). Danach müsste die bisherige Meinung eigentlich übertragbar sein.

Für eine Beibehaltung dahingehend, dass zumindest der Geschäftsführer nicht mitgerechnet wird, ebenso wenig Gesellschafter, spricht auch der § 28 Abs. 8 BDSG-neu. Dieser definiert den “Beschäftigten” im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes:

“8) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind:

1.Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer im Verhältnis zum Entleiher,

2.zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte,

3.Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitandinnen und Rehabilitanden),

4.in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigte,

5.Freiwillige, die einen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder dem Bundesfreiwilligendienstgesetz leisten,

6.Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,

7.Beamtinnen und Beamte des Bundes, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und Soldaten sowie Zivildienstleistende.”

Argumente gegen das Mitzählen des Geschäftsführers und der Gesellschafter

Also alles klar? Können sich Unternehmen schon freuen, und Geschäftsführer und Gesellschafter außen vor lassen? Damit würden sicher einige kleinere Betriebe unter die Schwelle zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten kommen. Nein, ganz so einfach ist es leider nicht.

Gerade dem letzten Argument kann man entgegenhalten, dass § 38 BDSG-neu das Verb “beschäftigt” und § 26 Abs. 8 BDSG-neu das Substantiv “Beschäftigter” verwendet. Ist damit dann dasselbe gemeint? Weiter spricht die Formulierung “Der Verantwortliche benennt, soweit er beschäftigt” von einer Abstrahierung des Verantwortlichen. Schließlich ist es unerheblich für das Risiko, das mit der Datenverarbeitung einhergeht, ob auf die Daten Geschäftsführer, Gesellschafter oder einfache Mitarbeiter zugreifen. Umso mehr Personen automatisiert verarbeiten, desto größer das Risiko. So scheinen es auch die meisten Aufsichtsbehörden zu sehen, welche die Geschäftsführer und Gesellschafter offenbar mitzählen.

Hier wird wohl erst eine Gerichtsentscheidung Klarheit schaffen. Der EuGH ist hier aber nicht berufen, da es sich um eine deutsche Regelung handelt, die auch nicht auf eine Richtlinie zurückgeht.

Sicherster Weg: Zählen Sie mit!

DSGVO: Handreichung des BayLDA für kleine Unternehmen und Vereine

64 Tage: So lange haben Unternehmen noch Zeit, sich auf die Anwendbarkeit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorzubereiten. Trotz der langen Übergangszeit von zwei Jahren sind viele Unternehmen jetzt erst dabei, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Dies zeigt auch die anwaltliche Praxis von uns Datenschutzanwälte, die wir uns derzeit vor Anfragen nicht mehr „retten“ können.

Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat nun Handreichungen für kleine Unternehmen und Vereine veröffentlicht, die diese bei der Umsetzung der Datenschutzmaßnahmen unterstützen sollen.

Arztpraxen

Sie enthalten auch überraschende Äußerungen der Datenschutzbehörde: So soll in Arztpraxen mit weniger als 10 Mitarbeitern, die ständig automatisiert Daten verarbeiten, nach Ansicht des BayLDA kein Datenschutzbeauftragter notwendig sein. Darüber kann man aber trefflich streiten: Art. 37 DSGVO sieht vor, dass ein Datenschutzbeauftragter auch dann bestellt werden soll, wenn

c) die Kerntätigkeit des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters in der umfangreichen Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten gemäß Artikel 9 oder von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten gemäß Artikel 10 besteht.

Unklar ist, was unter Kerntätigkeit zu verstehen ist. Bei Ärzten ist zwar die Kerntätigkeit die Behandlung von Patienten, man hätte aber durchaus argumentieren können, dass im Rahmen dieser Behandlung ja auch die besonderen Kategorien personenbezogener Daten in Form von Gesundheitsdaten anfallen, sodass sie auch bei weniger als 10 Personen unter die Verpflichtung zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten fallen. Dies sieht das BayLDA offenbar nicht so.

Auch eine Datenschutz-Folgenabschätzung soll bei Arztpraxen nicht standardmäßig erforderlich sein. Art. 35 Abs. 3 DSGVO sieht vor:

(3) Eine Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Absatz 1 ist insbesondere in folgenden Fällen erforderlich:

a) (…)

b) umfangreiche Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten gemäß Artikel 9 Absatz 1 oder von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten gemäß Artikel 10 oder (…)

Das BayLDA vertritt die Auffassung, dass „auch bei Gesundheitsdaten nicht immer ein hohes Risiko bei der Datenverarbeitung“ bestehe. Auch dies kann man anders sehen.

 Steuerberater

Auch Steuerberater fallen laut BayLDA nicht unter Art. 37 Abs. 1 lit. c DSGVO, obwohl auch diese im Rahmen der Lohnabrechnungen besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeiten in Form der religiösen Überzeugung (Art. 9 Abs. 1 DSGVO).

Weitere Sicherheitslücke im beA

Nachdem das beA durch die vom Hacker Markus Drenger aufgedeckte Sicherheitslücke (eine gute Zusammenfassung findet sich bei FAZ Einspruch und bei SPIEGEL online) jetzt erst einmal offline bleibt und dies gute zehn Stunden vor Inkrafttreten der passiven Nutzungspflicht, hat Markus Drenger erneut eine Sicherheitslücke aufgedeckt:

Die beA-Webanwendung ist anfällig für XSS-Attacken. Bei diesem sog. Cross-Site-Skripting wird die Webanwendung zum Ausführen von Schadcode gebracht. In dem bereitgestellten Video zeigt Drenger, wie er durch eine einfache Änderung der URL den Browser dazu bringt, dass ein neuer Tab geöffnet wird.

Die Verhinderung von XSS-Attacken gehört zum Einmaleins eines jeden Webentwicklers.

Weiter rät die BRAK, die Kanzleirechner auf Viren zu überprüfen. Es besteht der Verdacht, dass einzelne Rechner sich in Folge der Installation des unsicheren Zertifikats einen Schädling eingefangen haben.

beA: BRAK lässt Nutzer unsicheres Zertifikat installieren

Nachdem unsere Kanzlei schon seit März weitgehend problemlos mit beA arbeitet, haben sich die letzten Wochen die Ausfälle gehäuft: Mehrmals war aufgrund von Netzwerkproblemen das beA nicht erreichbar.

Heute dann eine neue Überraschung: Ein Zertifikat, das für die beA-Anwendung erforderlich ist, ist ausgelaufen und muss nun manuell installiert werden. Die BRAK wurde nach eigenen Angaben erst gestern informiert.

Eine Anleitung zur Installation des Zertifikats stellt die BRAK hier bereit.

Sollte das beA nach diesen Schritten noch nicht gehen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine Neuinstallation des beA-Clients Abhilfe schafft.

Als großer Befürworter des elektronischen Rechtsverkehrs darf ich an dieser Stelle doch eine Kritik äußern: Vorfälle wie der heutige führen leider bei den beA-Skeptikern nicht zu einer Akzeptanz des Systems. Gerade nicht so IT-affine Anwälte werden bei der Durchführung solcher Abhilfemaßnahmen Probleme haben.

Auch die neue RA MICRO Schnittstelle. die noch sehr viele Fehler aufweist und teilweise mehrmals täglich gepatcht wird von RA MICRO, spielt den Kritikern leider in die Hände.

Update am 22.12.2017, 17:06 Uhr: Laut einer Meldung von heise wurde anstatt des öffentlichen Schlüssels der private Schlüssel durch den beA-Client verteilt. Da der private Schlüssel kompromittiert wurde, musste er für ungültig erklärt werden, womit die manuelle Installation notwendig wurde. heise bezeichnet den Vorfall als "schwere Panne". Zurecht.

Update am 24.12.2017: Die Anleitung zur Installation des Zertifikats ist mittlerweile offline. Das beA ist über Weihnachten im Wartungsmodus. Wie Golem berichtet führt die Installation des Zertifikats dazu, dass sich gefälschte Webseiten als Originale ausgeben könnten. In die https-Architektur wird damit eine riesige Sicherheitlücke gerissen. Nutzer sollten das Zertifikat der BRAK umgehend wieder deinstallieren.

ERVV passiert Bundesrat

Die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) hat den Bundesrat passiert.

Damit gibt es mit dem Inkrafttreten am 01.01.2018, rechtzeitig zum Beginn der passiven Nutzungspflicht des beA, bundesweit einheitliche Regelungen, welche Dateiformate beim elektronischen Rechtsverkehr zulässig sind. Bisher hat dies jedes Bundesland einzeln geregelt, manche Bundesländer ließen etwa auch .doc und .rtf-Dateien zu. Ab sofort sind nur noch PDF-Dateien und bei Bildern auch TIF-Dateien zulässig, wenn die bildliche Darstellung verlustfrei nicht in PDF möglich ist.

Der Bundesrat nahm eine wichtige Änderung vor: Die Pflicht, die PDF-Dokumente durchsuchbar einzureichen gilt erst ab dem 1. Juli 2019. Ursprünglich war eine Verpflichtung schon ab dem 1. Juli 2018 vorgesehen.

Neue Regelungen für Berufsgeheimnisträger in Kraft getreten

Am heutigen Tag tritt das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen in Kraft. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgte gestern.

Damit können Berufsgeheimnisträger nun Dienstleister einbeziehen, was erstmals ein rechtskonformes Outsourcing und auch die Nutzung von Cloud-Diensten ermöglicht, sofern der Dienstleister auf die Verschwiegenheit verpflichtet wird. Dazu werden insbesondere § 203 StGB sowie die einzelnen Berufsordnungen geändert. Für Rechtsanwälte wurde der neue § 43e BRAO geschaffen.

Nähere Informationen finden Sie in meinen früheren Posts hier, hier und hier.

Sehr streitig wird noch werden, was unter Dienstleistungen zu verstehen ist, die unmittelbar einem Mandat dienen (§ 43e Abs. 5 BRAO). Hierzu reicht die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nämlich nicht aus, sondern es bedarf zusätzlich der Einwilligung des Mandanten. In der Gesetzesbegründung sind die Beauftragung eines Sachverständigen, eines Detektivs oder eines Übersetzers genannt (BT-Drucks.  18/11936, S. 36).  Entscheidend dafür, ob die Dienstleistung unmittelbar einem Mandat dient, soll laut Gesetzesbegründung nicht die Vertragsgestaltung sein, sondern die Frage, ob für die jeweilige Dienstleistung, die in Anspruch genommen werden soll, ein besonderer Bedarf im einzelnen Mandat besteht. Hier sehe ich noch Unklarheiten mit der Folge, dass trotz der Neufassung eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen bleibt. Dies sieht auch Prof. Dr. Thomas Hoeren in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Datenschutz so (vgl. ZD 2017, 501).

Datenschützer kritisiert unverschlüsselte E-Mails bei Berufsgeheimnisträgern

In seinem 8. Tätigkeitsbericht für den Landtag kritisiert der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig, dass die viele Rechtsanwälte unverschlüsselt über E-Mail kommunizieren. Er begründet dies mit „Zeit und Kostendruck“ (8. Tätigkeitsbericht, Ziffer 8.13, Seite 8, zum Bericht bei heise.de).

Weiter schreibt er:

Ich gehe daher davon aus bzw. fordere dies gegebenenfalls, dass Rechtsanwälte ihre EMails zukünftig verschlüsseln oder aber ihre Schriftsätze per Fax und/oder Briefpost versenden.

Hier kann ich nur widersprechen: Es liegt nicht daran, dass wir Rechtsanwälte nicht verschlüsseln möchten, sondern dass zum Verschlüsseln bei der asymmetrischen Verschlüsselung immer zwei Personen notwendig sind. Der Mandant muss also auch etwa PGP/GPG einsetzen. Obwohl dies kostenlos möglich ist, ist anscheinend die technische Hürde noch so hoch, dass Mandanten dies nicht wünschen. Selbst in meinem IT-Recht-Umfeld, in dem die meisten Mandanten technisch versiert sind.

Ich biete den Mandanten immer an, verschlüsselt zu kommunizieren, allerdings ist ihnen dies meist zu umständlich. Wirklich daran ändern wird sich nur etwas, wenn die PGP-/GPG-Verschlüsselung in der Bevölkerung mehr Verbreitung findet. Initiativen, wie sie etwa United Internet (GMX, Web.de), Mailbox.org oder Posteo mit der Implementation von PGP im Webmailer mit dem Plugin Mailvelope oder auch ProtonMail ergreifen, sind sehr wichtig, haben aber zumindest meiner Erfahrung nach noch nicht zu einem Umdenken bei den meisten Internetnutzern geführt.

Die Alternative kann nicht sein – wie von Sachsens oberstem Datenschützer gefordert – Schriftsätze im Entwurf zukünftig wieder per Post an den Mandanten zu verschicken, sondern ist der konsequente Einsatz von Verschlüsselung.

Seit kurzem gibt es ja noch eine Möglichkeit der verschlüsselten Kommunikation: Den EGVP-Bürger-Client, mit dem sich Bürger ein Postfach einrichten und mit dem Rechtsanwalt über dessen besonderes persönliches Anwaltspostfach (beA) Ende-zu-Ende verschlüsselt kommunizieren können. Das System hat aber zwei Schwächen: Ich befürchte, dass wenige Mandanten sich den Client extra installieren und sich ein Postfach einrichten werden; darüber hinaus erfolgt keine Identifizierung, sodass im Prinzip jeder ein Postfach auf den Namen seines Nachbarn einrichten könnte. Aber es ist ein weiterer Weg, eine verschlüsselte Kommunikation zu ermöglichen.

 

RA-MICRO veröffentlicht Informationen zur beA-Schnittstelle

RA-MICRO hat Informationen zu der beA-Schnittstelle veröffentlicht.

Danach ist eine Integration in den E-Workflow geplant. Der Zugriff auf das beA-Postfach soll über Softwarezertifikate erfolgen. Für jeden beA-Nutzer muss also ein solches bestellt werden (Kosten derzeit 4,90 € netto pro Jahr), wenn eine Einbindung des Postfachs in RA-MICRO erfolgen soll.

Die Veröffentlichung der RA-MICRO-Version ist für Ende 2017/Anfang 2018 geplant.

Gut ist, dass auch die manuelle Schnittstelle über den Export in der E-Akte erhalten bleiben soll. Damit ist man technisch unabhängig, wenn einmal die RA-MICRO-Integration bzw. die beA-Schnittstelle nicht funktionieren sollte.

Auch positiv: Es soll einen Senden-Button an beA direkt in Word geben sowie eine Erweiterung des Adressfensters um beA-Adressen. Spannend wird die Frage sein, ob hier auch die SAFE-IDs hinterlegt werden. Da diese das einzige zuverlässige Unterscheidungskriterium sind und das einzige Zuordnungsmerkmal, ob es sich um ein beA-, Gerichts-, Notar- (beN) oder Behördenpostfach (beBPo) handelt, sollte auf die SAFE-ID im ERV erhöhte Aufmerksamkeit gelegt werden. Interessant wird hier auch die Frage sein, wie einer Kanzlei die Postfächer der einzelnen Anwälte zugewiesen werden können.